Der Rat hat den Haushalt für 2024 verabschiedet. Hier ist, was Thomas Kock für die SPD dazu gesagt hat:
Sehr geehrter Herr Bürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren,
wir wussten ja, dass der Haushalt für das Jahr 2024 nicht gut aussehen würde, und dass wir mit erheblichen Defiziten rechnen mussten. Aber das Minus von über 20 Millionen Euro und eine absehbare drohende Haushaltssicherung waren dann doch ein Schock.
Schwierige Rahmenbedingungen
Man kann sich diese Haushaltsberatungen sehr leicht machen und auf externe Faktoren verweisen. Ich möchte das jetzt nicht alles aufzählen. Sie kennen das: die erhöhten Personalkosten, vor allem durch die Tarifsteigerungen und die notwendigen Rücklagen, die Erhöhung der Kreisumlage, die Verdoppelung der Kosten in der Jugendhilfe in den letzten zehn Jahren, der allergrößte Teil durch Pflichtaufgaben der Stadt. Das erklärt fast 90 % des Defizits.
Der Satz ist richtig, dass ohne ein Umdenken bei der finanziellen Ausstattung der Kommunen durch Land und Bund unser Haushalt nicht wieder in Ordnung kommt, hilft uns aber nicht im Mindesten weiter. Die Stadt befindet sich in einer finanziellen Krise und wir müssen schauen, was wir selbst verantworten und was wir selbst steuern können.
Thema Großprojekte
Ich frage: Haben wir in den letzten Jahren nicht zu viele teure und große Projekte für die Stadt angestoßen und beschlossen, auch wenn davon jedes Einzelne für sich sinnvoll und für die Infrastruktur unserer Stadt notwendig war? Haben wir die finanzielle Leistungsfähigkeit der Stadt nicht vielleicht überschätzt. Haben wir uns vielleicht täuschen lassen durch die hohen Gewerbesteuereinnahmen und zu sehr von möglichen Zuschüsse leiten lassen?
Ich muss zugeben: Mich irritiert, dass in der jetzigen Situation weitere, zweifelsohne sinnvolle Projekte, wie etwa jetzt der Umbau/Neubau der Kardinal von Galen Schule mit über 22 Millionen Euro problemlos beschlossen wird, ohne dass das Geld dafür in der Finanzplanung vorgesehen war. Natürlich ist dieser Schulbau notwendig, natürlich ist er sinnvoll – die Pläne sind wirklich überzeugend, die Maßnahme wird allerdings den Haushalt der Stadt jährlich mit über einer Millionen Euro für Abschreibungen, Tilgung und Zinsen belasten – zusätzlich wohl gemerkt und bisher nicht in der Planung. Jutta Schriewer hat im Hauptausschuss deutlich gemacht, dass eine von uns vorgeschlagene Verschiebung auf das Jahr 2027 keine Verbesserungen im Haushalt bringen würde. Es ist sehr schwer, hier Lösungen zu finden, aber sollten wir uns nicht grundsätzlich fragen, ob wir nicht einen Zeitplan, den wir alle im Kopf haben, überarbeiten und mit dem Start neuer Projekte warten, bis wir sie wieder finanzieren können? Ist es jetzt nicht Zeit, zunächst das abzuarbeiten, was wir ohnehin in der Pipeline haben? Das ist nicht populär, das ist nicht sexy und man macht sich damit nicht beliebt. Aber unserer Meinung nach ist hier ein Umdenken dringend notwendig.
Natürlich müssen wir in unsere Infrastruktur weiter investieren. Aber: Viel offensiver müssen wir aber die Diskussion führen, welche Standards wir uns noch leisten wollen. Wir müssen in Emsdetten endlich lernen, dass wir nicht immer deluxe bauen können. Unseren Standard, wie wir in Emsdetten leben, können wir nur verteidigen, wenn wir bei einzelnen Baumaßnahmen Standards reduzieren. Hier ist ein Umdenken in Rat und Verwaltung notwendig. Wir haben in diesen Haushaltsberatungen versucht, einen solchen Kurs durchzusetzen. Damit sind wir tatsächlich vorerst gescheitert. Ich hoffe allerdings auf die Zusage des Bürgermeisters, dass es in Punkto Standards zu neuen Überlegungen in der Verwaltung kommen wird.
Vielleicht haben wir auch bei laufenden Ausgaben und nicht nur bei Investitionen Fehler gemacht: der SPD wird oft vorgeworfen, dass wir dafür gestimmt, wieder Reinigungskräfte direkt bei der Stadt zu beschäftigen. Ich möchte hier noch einmal darauf hinweisen, dass es uns darum geht, die Reinigung in städtischen Gebäuden zu verbessern und wir besonders an die Situation der Frauen – es sind vor allem Frauen, die hier beschäftigt sind – denken. Meine Kollegin Marita Haude erzählte mir, dass sie auf einem 85sten Geburtstag war. Die ältere Dame hat Schulen und Turnhallen gereinigt und Frau Haude erzählt, wie dankbar sie ist, bei der Stadt angestellt gewesen zu sein. Im Gegensatz zu vielen ihrer Kolleginnen bekomme sie eine vernünftige Altersabsicherung. Unsere Vorstellung ist, dass wir mehr Frauen eine Vollzeitbeschäftigung mit einer angemessenen Altersabsicherung anbieten können. Wir werden damit im nächsten Jahr einsteigen, es gibt tatsächlich zusätzliche Kosten, die bei etwa 100.000 Euro liegen. Eine Ausdehnung dieser Maßnahme wird es in der jetzigen finanziellen Situation kurzfristig wohl nicht geben. Auch wenn das Gegenteil noch zig Mal veröffentlicht werden wird: Dies ist nicht die Ursache unserer Haushaltsprobleme und eine jetzt kaum noch mögliche Rücknahme würde unseren Haushalt auch nicht retten.
Vorgeworfen wird uns auch, dass wir die Galerie Münsterland wieder in hauptamtliche Hände gegeben haben, nachdem wir einige Jahre das Glück hatten, dass die tolle Arbeit der Galerie ehrenamtlich geleistet wurde. Uns geht es darum, diese Form von Ausstellungen und auch die vielen Projekte mit Kindern und Jugendlichen für die nächsten Jahre zu sichern, weil wir auch die Galerie für einen ganz wichtigen Bestandteil unserer sehr vielfältigen Kulturlandschaft halten. Auch wenn das Gegenteil noch zig Mal veröffentlicht werden wird: Dies ist nicht die Ursache unserer Haushaltsprobleme und eine jetzt kaum noch mögliche Rücknahme würde unseren Haushalt auch nicht retten.
Blockadehaltung der CDU
Wir befinden uns in einer Krise – ich habe es eben betont. Lassen Sie mich dazu einige persönliche Anmerkungen machen: Mit dem früheren Fraktionsvorsitzenden der CDU, Matthias Cieslak, habe ich oft darüber gesprochen. Wenn es für unsere Stadt hart auf hart kommt, dann ist völlig klar, dann arbeiten wir zusammen, dann stellen wir Parteiinteressen hinten an und dann schauen wir gemeinsam, wie wir den Karren aus dem Dreck kriegen.
Das Verhalten heute in der CDU ist für mich nicht nachvollziehbar. Da steht von vorneherein fest, dass man dem Haushalt auf keinen Fall zustimmen wird. Die Rede ist von „Fundamentalopposition“, was immer das in einer doch überschaubaren Mittelstadt zu suchen hat. Da werden mehr zusätzliche Mittel in die Finanzplanung eingestellt als Einsparungen vorgeschlagen. Da werden notwendige Erhöhungen der Steuern abgelehnt, wohl wissend, dass ohne diese Mittel der Haushalt mittelfristig nicht auszugleichen ist. Das Interesse ist: Wenn es wirklich zu einer Haushaltssicherung kommen sollte, kann man dann mit dem Finger auf Andere zeigen und behaupten, man selbst könne ja nichts dafür.
Dies Verhalten ist vielleicht ja sogar bei der nächsten Wahl erfolgreich, ich hoffe nicht. Mit verantwortlicher Politik hat das nichts zu tun, das ist populistisch. O.k.: Ich mache die Einschränkung, ein paar vernünftige Anträge haben Sie auch geschrieben.
Was bedeutet diese Politik für die Sozialdemokraten. Wir könnten es uns sehr einfach machen und diesen Haushalt einfach ablehnen. Gründe genug hätten wir dafür. Wir haben eine Menge Sparvorschläge zu diesem Haushalt eingebracht, sowohl was die Investitionen angeht als auch die laufenden Kosten. Leider haben nicht alle diese Anträge eine Mehrheit gefunden. Ich will nicht verhehlen, dass diese ganzen Haushaltsberatungen für uns sehr ärgerlich waren.
Aber was wäre gewonnen, wenn wir heute nicht für eine Mehrheit für diesen Haushalt sorgen? Wir kommen in eine vorläufige Haushaltsführung, Ausschreibungen können nicht durchgeführt werden, die Vereine warten auf ihr Geld und das alles, damit wir dann im Frühjahr vor den gleichen Problemen stehen wie heute.
Wir werden gemeinsam mit den Grünen die Verantwortung für den Haushalt übernehmen, obwohl ich mir, das will ich auch nicht verhehlen, deutlich mehr Engagement der Grünen in diesen Haushaltsberatungen gewünscht hätte. An Sparvorschlägen war das sehr wenig und die Reduzierung von Seniorenfahrten und ein paar weniger geschmierte Brötchen retten unseren Haushalt nun wirklich nicht.
Für ein solidarisches Emsdetten
Wir stehen kurz vor Weihnachten. Lassen Sie mich mit einigen Wünschen und auch einigen Sorgen schließen. Lassen Sie uns in den nächsten Jahren gemeinsam dafür sorgen, dass wir die finanziellen Mittel für die Kinder und Jugendlichen, für den Sport, für die Kultur halten können. Vergessen wir auf keinen Fall die Menschen am Rand, das sind diejenigen, die vor allem unsere Unterstützung brauchen.
Ich bin sehr stolz, dass wir mit Reinhild Thamm-Krake eine Frau im Rollstuhl im Rat haben. Reinhild macht mir immer wieder klar, wie wichtig Inklusion ist, auch hier dürfen wir nicht sparen.
Noch zwei sehr persönliche Anmerkungen: Ich war immer stolz darauf, wie wir hier in Emsdetten die Herausforderung durch die vielen Flüchtlingen angegangen sind. Ich habe großen Respekt vor der Arbeit von Herrn Wietkamp und seinem Team. Wie landauf und landab quer durch die Parteien im Moment über dieses Thema geredet wird, macht mir große Sorgen. Es hat mit einem christlichen und einem humanistischen Weltbild nichts zu tun, wenn wir über Menschen, die aus ihrer Heimat fliehen, nur in den Themen „mehr Abschiebungen“ und „Verringerung finanzieller Belastungen“ reden. Vor Rechtspopulisten und Rechtsradikalen dürfen wir nicht einknicken.
Meine zweite Anmerkung geht in eine ganz andere Richtung: Wir denken fast nur noch in Förderprogrammen und wir werden dazu vor allem vom Land gezwungen. Mittlerweile sind auch selbstverständlichste und popeligste Maßnahmen (ein Beispiel: der Ausbau von Wirtschaftswegen) von hunderten Seiten bedrucktem oder digital zur Verfügung gestellten Konzepten und Anträgen (die Büros lachen sich einen Ast) abhängig, bevor dann endlich Selbstverständliches passiert. Die Kommunalpolitik wird zunehmend entmündigt. Wer soll denn nach uns kommen, sich durch diesen Papierwust wühlen und dann nicht mal mehr selbständig entscheiden können?
Das soll es jetzt aber auch gewesen sein: Herzlichen Dank an Jutta Schriewer und ihr Team. Allen eine frohe politikfreie Weihnachtszeit und noch mal: Die einen reden über Verantwortung und Verlässlichkeit – wir machen das – trotz allem „Ja zum Haushalt“ und vielen Dank.